Mittwoch, 5. Dezember 2012

Nord-Chile und Atacama-Wüste

Mit Pepe, der mich Mitte Oktober bis Ende November besuchen kam und mit dem Verkauf von deutschem Vollkornbrot die Talquiner beglueckte, gings Mitte November in den Norden von Chile, Richtung Atacama-Wuste - die Vorfreude war gross!

Mit einem Nachtbus fuhren wir zunaechst ueber Santiago nach La Serena
 









In La Serena, einer huebsche Stadt an der Pazifik-Kueste, mit zahllosen Kirchen und Papayas im Ueberfluss, war das Wetter leider nicht besonders freundlich. Aber Strand ist ja bei jedem Wetter schoen...




Und im Hostel war ein junger Welpe, den wir Hatchi getauft haben (nach dem kitschigen Film der in der Nacht im Bus gezeigt worden war), sehr unterhaltsam

 


Am naechsten Tag fuehrte uns ein Ausflug nordwaerts in den Nationalpark Punto de Chorro. Fast noch interessanter als die Strandlandschaft vor Ort war die Busfahrt dorthin. In einem klapprigen Bus durften wir, netterweise, als Beisitzer des Fahrers, die wirklich allerletzten Plaetze besetzen. Eingeengt zwischen allenmoeglichen Waren konnten wir beobachten, wie Landschaft immer steppenaehnlicher wurde. Gleichzeitig verteilte der Busfahrer unterwegs eilig Zeitungen, Snacks, Lebensmittel, und Post an die Leute aus den scheinbar recht isolierten Doerfern. Die standen z.T. schon auf der Strasse, um ihre Ware zu erwarten. Der Tag am Ozean danach hat uns trotz Wolkenwand am Himmel den ersten Sonnenbrand beschert.

 



 



 


In der letzten Nacht in La Serena erfreuten wir dann noch die anderen Hostel-Gaeste mit unseren musikalischen Erguessen auf unseren neuen Spielzeugen: Blockfloete und Melodika. 
 
 



Und am naechsten Morgen haben wir den Versuch, zu trampen, direkt erfolgreich umsetzen koennen. Nach ca. 1 1/2 am Strassenrand der "Panamerica", die auch direkt durch La Serena fuehrt, hat uns Mario aufgelesen. Ein Trucker, der regelmaessig Rohre von Santiago zu den Minen in Antofagasta transportiert und dabei gerne Leute mitnimmt - ein wirklich sehr gesseliger Mensch. Auf dem Weg erklaerte er uns alles was ueber die Landschaften und Doerfer wissenswert erschien, nahm uns zum Essen mit in einen Trucker-Imbiss und servierte uns zum Abendessen Tee (aufgewaermt auf einem kleine Kocher im Lastwagen) in der Wueste bei Nacht. Zwischendrin lies er mich mit seiner Tochter telefonieren, die sagte ich klaenge wie eine Chinesin, und diskutierte mit uns ueber kulturelle Unterschiede, die sozialen Verhaeltnisse in Chile und Homosexuelle.


Die Fahrt zwischen La Serena und Antofagasta fuehrte in weiten Teilen an der Kuestenlandschaft entlang...

 



...die dann recht bald in immer mehr Wueste muendete.
 

Nach 14 Stunden Fahrt mit Mario fiel uns der Abschied in Antofagasta regelrecht schwer.


Antofagasta, die zweitgroesste Stadt Chiles (knapp 300 000 Einwohner), ist deswegen beeindruckend, weil sie buchstaeblich in der Mitte des Nirgendwos liegt. Viele Minenarbeiter sind hier, zwischen Pazifik und den angrenzenden Huegeln, unterwegs. Arm und Reich prallen hier laut Mario besonders stark aufeinander.

 


Auf den Cerros, also den Huegeln, ist wohl besondere Vorsicht geboten. Die Armut sei hier besonders stark. Wir sind nur mit dem Bus durchgefahren, der Gettho-Style war aber schon zu merken.

 



Und dann kam lange Zeit "Nichts"... 6 Stunden Busfahrt zwischen Antofagasta und San Pedro und immer der gleiche Ausblick.


Im Dorf angekommen, herrschte trotz Touristenscharen eine positive Atmosphaere. Die nur ca. 5000 Einwohnern werden von den Touristen gefuehlsmaessig weit uebertroffen. Da der eigentliche Reiz jedoch in Ausfluegen in die Wuestenregion besteht, tritt man sich trotzdem nicht auf die Fuesse.

 






Exkurs am Rande: um Geld zu sparen, hatten wir getoastetes Mehl dabei. Das kann man mit Wasser oder anderen Getraenken mischen und hat so saettigenden, gut transportablen und aeusserst preiswerten Proviant. Zugegebenermassen hat mans auch schnell satt, trotzdem war dieser chilenische Einfall doch sehr praktisch. 










Die meisten Sehenswuerdigkeiten erreicht man von San Pedro aus in Tours, wobei man in kleinen Bussen lanschaftliche Wunder abfahert und meist einen Snack, Pisco Sour etc. serviert bekommt. Wir haben uns fuer eine abenteuerliche Alternativvariante entschieden und die naehere Umgebung sportlich mit dem Fahrrad erkundet.





Ca. 15 km von San Pedro, der Horizont immer noch sooo weit, fanden wir einzelne Haueser...
 




...und besuchten die Ruinen von Tulor. Eine archeologische Staette, an denen man die aeltesten Ausgrabungen eines Atacama-Dorfes besichtigen kann. Lehmbauten fuer Mensch und Tier:
 




Die Pflanze Rica Rica ("Lecker Lecker") ist einer der Wuestenpflanzen, die von  Wuestenvoelkern genutzt wird und wurde und angeblich einen suesslichen Geschmack hat (probieren war verboten).



Auch das Valle de Luna haben wir mit dem Fahrrad erkundet. Und der Name ist Programm: eine Landschaft wie auf dem Mond (nur mit mehr Touris).






Im Nationalpark Valle de Luna findet man auch dieses Amphitheater. Pink Floyd wollten hier angeblich mal ein Konzert geben, fuer das sie letzten Endes keine Erlaubnis bekommen haben. 
 





Und mit Sonnenbrand und verstaubten Schuhen fuhren wir im Nachtbus zurueck, ueber Santiago nach Talca.
Weitere Fotos aus der Atacama-Wüste kann ich euch dann gern auch noch persoenlich zeigen: ab dem 24.1. bin ich wieder in Deutschland. Freu mich auf euch!

Constitución

 

Im Bummelzug fuhren wir also los...
Eine dreistündige Fahrt im Bummelzug entfernt von Talca liegt die Hafenstadt Constitución, für einen Wochenendausflug an den Pazifik perfekt. Schon im August hat uns (eine Gruppe von acht Austauschstudenten aus Deutschland, Spanien und Frankreich + mein chilenischer Nachbar Erick) der Ozean gelockt. Im Zug, der früh um 7.15Uhr abgefahren ist, haben wir dann alerdings schnell gemerkt, dass im Winter der Bus dem Zug, trotz herrlichem Ausblick auf die Landschaft vorzuziehen wäre. Zum einen war es noch lange dunkel oder dämmerig, zum anderen war es einfach eiskalt. Natürlich sind auch die Züge in Chile nicht beheizt und nach drei Stunden Sitzen hatte ich noch eine ganze Weile gefühlte Eisklumpen statt Füße. Der Anblick von Strand und Meer hat das aber ganz schnell wieder wett gemacht. Auf dem Spaziergang zum Strand gibt es in Constitución nicht viel zu sehen, da die Stadt 2010 heftig vom Erdbeben bzw. vom Tsnumai getroffen wurde. Auch ohne den Ort zu kennen, ist es ein merkwürdiger Anblick, die ganze Stadt noch im Wiederaufbau zu sehen. Die Stadt wurde von der 15 Meter hohen Tsunamiwelle fast komplett zerstört, hunderte Leute ließen auf tragische Weise ihr Leben. Nachdem nämlich die Tsunamiwarnung für diesen Tag von der Regierung fälschlicherweise wieder zurückgerufen wurde, blieben die Bewohner in der Stadt bzw. kehrten aus der Evakuierungszone zurück - ein tragischer Fehler. Am Tag des Tsunamis gab es außerdem ein Sommerfest auf einer kleinen Halbinsel in der Stadt, an dem viele Familien teilnahmen. Heute erinnern unzählige Kreuze an die Verstorbenen, darunter viele Kinder. Das Epizentrum des Erdbebens lag nur ca. 60km von Consitución entfernt. Nur wenige, wie eine Nichte Marias, konnten sich auf einen anliegenden Berg retten. Trotzdem sagen mir Chilenen immer wieder mit einem Augenzwinkern, nach Deutschland würden sie nicht wollen, das sei ja langweilig so ohne Erdbeben, Vulkane, giftige Tiere, und andere Naturgewalten.
Es bleibt also zu hoffen, dass in den nächsten Jahren (und ganz besonders im nächsten halben Jahr! ;)) kein großes Erdbeben auf Chile zukommt. Die kleineren Temblores, die ich bis jetzt mitbekommen habe, sind nicht weiter schlimm. Für einen Schreckmoment fühlt es sich so an, als befände man sich auf einem schaukelnden Schiff. Nach ein paar Sekunden ist der ganze Spuk dann auch schon wieder vorbei. 

Am Strand widerum gab es keine Anzeichen von der Verwüstung und wir haben den Ausflug an den Ozean trotzdem sehr genossen:


...wie so oft boten Hausmütter unterwegs Verpflegung wie selbstgemachtes Brot, "Tortillas", an.
Noch begehrter dagegen war der heiße Tee
In der Stadt war in manchen Teilen noch deutliich von der Zerstörung durch den Tsunami zu merken


Tsunami-Evakuierungswege sind ausgeschildert.



Die Bilder vom Pazifik sprechen wohl für sich













Auf dieser Insel verstarben etliche Feierende am Tag des Tsunamis. Immer noch erinnern ca. 60 Kreuze an das tragische Ereignis.



Und rückzu nach Talca fuhren wir dann im Bus - im Vergleich zum Bummelzug herrlich warm und bequem.

Fiestas Patrias/Chilenische Küche

Schon lange ging ihm sein Ruf voraus: der "Dieciocho" ("Achzehnte") ist das wohl groesste Fest Chiles. Gefeiert wird der Nationalfeiertag (am 18.9.1810 wurde die erste von der spanischen Krone unabhaengige Regierung proklamiert), und das ordentlich. Eine ganze Woche lang gehen die Feierlichkeiten, die vor allem in Essen (v.a. Empanadas und Grillfleisch pur) und Trinken (chicha, eine Art Wein und Pisco, nationale Spirituose in rauhen Mengen) bestehen. Sogenannte "Ramadas" und "Fondas" werden abgehalten, stadtfestaehnliche Zusammenkuenfte, auf denen man ausser essen und trinken auch Rodeo reiten oder Cueca tanzen kann.



Cueca ist der Nationaltanz in Chile, wobei mir hier klargeworden ist, was Volkstaenze eigentlich sein sollen. Jeder Chilene kann Cueca tanzen, und so kann auf Festen wie dem Dieciocho jeder mit jedem spontan loslegen. Hat mich echt beeindruckt, wie gesellig die Feiertage zelebriert wurden.



 
 
 
 
 
 
 

Und weil viele mich gefragt haben, was man in Chile so isst, hier ein kleiner Exkurs: Empanadas werden nicht nur zu den Fiestas Patrias verputzt, sondern sind auch in jede Baeckerei zu haben. Die traditionelle Fuellung der gebackenen oder frittierten Teigtaschen nennt sich "Pino" und besteht aus Rindfleisch, viiielen Zwiebeln, Eiern, und einer Olive. Auch Empanadas mit Meeresfruechten gibt es, v.a. an der Kueste. Meine Lieblingsfuellung ist immer noch einfach Kaese. Ueberraschenderweise scheint noch kein Marketingexperte auf die Idee gekommen zu sein,  die Fuellung kreativ zu variieren. Bis auf seltene Faelle gibt es immer wieder die gleichen traditionellen Varianten.



Apropo Baeckereien: hier macht sich der deutsche Einfluss mal wieder bemerkbar. "Kuchen" und suesses Gebaeck gibt es reichlich zu kaufen, und die Chilenen fragen mich oft, ob in Deutschland nicht alle fett sind, wenn es dort so viel Brot und suesses Essen gibt. Ein typisch chilenisches Gebaeck ist Alfajor, eine Art Keks mit Manjar-Fuellung. Manjar ist karamellaehnlich und ist in Chile in etwa so beliebt wie in Deutschland Nutella. 



Und um die Gebaeckreihe noch zu vervollstaendigen, sei noch angemerkt, dass Chile das weltweit zweitgroesste Land im Brotkonsum ist, hoechstwahrscheinlich hinter Deutschland. Dass hier zum Fruehstueck und Abendbrot (Weiss-)Brot gegessen wird, war fuer mich eine der vertrautesten Gewohnheiten hier. Morgens gibts Butter und evtl. Ei dazu, abends Avocado und Tomate, oft auch Kaese und Schinken. Maria, meine "Gastmutti" backt und verkauft eine besondere Art Brot Zuhause: Churasca wird aus Mehl, Wasser, Hefe und Fett geformt und auf dem Grill vor dem Haus gebacken - eine Spezialitaet aus Talca. Maria verkauft ausserdem Salate, was fuer mich ein grosses Glueck ist. Jeden Tag gibts morgen und mittags zu allem reichliche Salate. Blattsalat, aber auch Brokkoli, Erbsen, Bohnen, Kartoffeln, Mais,...alles wird gemsicht und mit Zitronensaft, Salz und Oel serviert.

Ansonsten ist der Fitness-Trend eindeutig noch nicht nach Chile ruebergeschwappt. Die Chilenen essen gern und viel, und vor allem riesengrosse Menge an Fleisch. "Asados", also Grillfeste, gibt es Sommer wie Winter mit und ohne Anlass. Was daran das Besondere ist: es gibt wirklich nur Fleisch. Oft wird als Vorspeisse "Choripan" geboten, sowas wie Bratwurstbroetchen. Darauf folgt Fleisch, das in kleinen Haeppchen herumgereicht wird. Kein Brot, kein Salat, keine Kartoffeln, kein Reis. Einfach nur Fleisch. Vegetarier haben hier einen schweren Stand, und bekommen Huehnchen oder Fisch serviert (ist ja kein richtiges Fleisch fuer Chilenen). Ganz beliebt sind auch die "Completos", eine Art Hotdog, die "komplettiert" werden mit Tomate, Avocado, Mayonese, Ketschup und Senf. Chilenisches Fastfood und After-Party-Snack. Ihr koennt euch vorstellen, wie froh ich bin, im "Salathaus" zu wohnen. :)

 

Eines der raren vegetarischen Gerichte, noch dazu typisch chilenisch, nennt sich "humitas" und besteht aus Mais. Eine Paste aus getrocknetem und pulverisiertem Mais wird in Maisblaetter eingewickelt und in Wasser gekocht. Eigen, aber lecker.



 
 
Bei so viel angrenzender Pazifikkueste ist es kein Wunder, dass es auch viele Fisch- und Meeresfruechtespezialitaeten gibt. Hier im Bild "Pollo Mariscal", also Huehnchen mit Meeresfruechten (man beachte die chilenische Vorliebe, jegliche Sorte totes Tier miteinander zu kombinieren - in allen vorstellbaren Varianten).



 
 
Allen Getraenken voran ist der chilensiche Wein Exportschlager und auch bei den Einheimischen beliebt. Preislich ist er erschwinglich, viele Weingueter kann man besuchen und sich die Herstellung mit eigenen Augen ansehen. Ansonsten ist Pisco, ein Weinbrand, der als "Pisco Sour" mit Zitronensaft oder als "Piscola" mit Cola gereicht wird, DAS Natioanlgetraenk. Und auch das "Terremoto" ist beruehmt-beruechtigt, weil es aus Weisswein, Grandine/Fernet und Ananas-Eis besteht und "Erdbeben" heisst, weil man danach so schoen schwankt. Allgemein trinken Chilenen erstaunlich wenig Wasser, das wohl als langweilig empfunden wird. Wer was auf sich haelt, trinkt Cola, Fanta oder Sprite, oder wenigstens Wasser mit Geschmack.

Es gäbe wohl noch viele andere Gerichte, wie Cazuelas (Fleischeintöpfe) oder Porotos (Bohnengerichte) zu erwähnen, aber ich hoffe, dass das als Einblick erstmal genügt. Und dem wer will, back ich nächstes Jahr gerne mal Käse-Empanadas in Deutschland!